Samstag, 19. Mai 2012
Ho Chi's Stadt
Nach der Idylle des Mekong Deltas geht's weiter in die Stadt des Herrn Minh, die zwar bereits seit 1975 schon nach ihm genannt wird, aber den alten Namen



noch nicht ganz hat verdrängen können.
Mit über 5 Millionen Einwohnern ist sie die heimliche Hauptstadt und hat auch zum Beispiel die renomiertesten Universitäten des Landes und boomt bei weitem mehr als Hanoi. Sie hat allerdings auch nicht eine so malerische Altstadt wie die Schwester im Norden, dafür einen aus der Zeit der Kolonisation herrührenden französischen Charme, der insbesondere im prominentesten Viertel - dem Dong Khoi - spürbar wird. Ein Stadtrundgang läßt allerdings auch die Erinnerung an den Vietnam Krieg immer wieder aktuell werden. Hier ein paar Eindrücke:



Das Caravelle Hotel, das während des Vietnam Krieges von allen internationalen Reportern bewohnt und als Redaktionszentrum genutzt wurde. Es gab damals wohl unter den Reportern den Spruch, dass sie den ganzen Krieg über nicht einmal ihren Hocker in der Dachbar des Hotels verlassen müßten, um über den Krieg zu berichten, da von hier aus alle Kriegsgeschehnisse gut zu überblicken seien. Wenn man heute in der Bar sitzt, kann man das ein wenig nachvollziehen.
Schräg gegenüber steht das nächste geschichtsträchtige Hotel - namens Rex.



Hier hatten sich die Amerikaner einquartiert und gaben auf dem Dach dieser heutigen Nobelherberge täglich um 5 pm ihre Presseberichte über die angeblichen Kriegserfolge.
Geschichtlich ging's auch vor diesem Gebäude hoch her - dem People's Committee Building.



Vor diesem - der Pariser City Hall nachempfundenen Gebäude - demonstrierten 1945 Tausende von Vietnamesen für die Errichtung des Administrations - Committees Südvietnams.
2012 wird nicht demonstriert, sondern getanzt - und den Tanzstil kennen wir doch ...



Ähnlich dramatisch ging es rund um dieses Gebäude zu,



wie dieses Bild bezeugt:



Die heutige Reunification Hall wurde 1975 von den nordvietnamesischen Streitkräften eingenommen und damit die Aufhebung derTrennung zwischen Süd- und Nordvietnam besiegelt. In ruhigen Zeiten wurde offensichtlich auch gespielt



und heute laufen junge Vietnamesinnen durch das Gebäude auf der Suche nach englischsprachigen Touristen, die mal eben bei den Hausaufgaben für die Uni weiterhelfen.



Tun wir doch gern.

Mal ein Haus ohne zum Teil traurige Geschichte ist dieses hier:



Das Opernhaus - wohl das damalige Zentrum des französischen Viertels in HCMC.
Dass Herr Eiffel einen Turm geplant hat, weiß jeder, dass er aber auch das Postamt in HCMC rein planerisch sein Eigen nennt, wissen wir erst jetzt. Es erinnert sehr stark an einen Bahnhof, mit dem Namesgeber der Stadt bildtechnisch in der Mitte - wie sich das für einen ordentlichen Personenkult gehört.







Um die Geschehnisse des Vietnam Krieges noch besser nachempfinden zu können, haben wir uns entschlossen, die Cu Chi Tunnel zu besichtigen und uns auf den Weg in den Nordwesten HCMC's aufgemacht. Das sollte nicht einer dieser unbeschwerten und schönen Ausflüge hier in Vietnam werden, die wir jetzt schon so häufig erlebt hatten - das war uns klar. Aber, dass es so extrem belastend werden würde, hätten wir nicht erwartet.
Man steigt aus dem Bus und das erste, was man hört, ist ununterbrochener Maschinengewehr - und Pistolenschußlärm. Anfänglich haben wir noch geglaubt, dass das eine didaktische Idee - über Lautsprecher gesendet - ist, die die Kulisse von damals verdeutlichen soll. Der Lärm war allerdings echt. Befremdlicher Weise können Touristen hier auf dem Gelände Schießübungen durchführen, um sich wie echte Krieger zu fühlen. Es müssen viele unserer Mittouristen großen Spaß an dieser Unterhaltung gefunden haben, da es während unseres gesamten Aufenthaltes kaum einmal 2 Minuten ruhig war. Vor dieser Geräuschkulisse bekommt man erst einmal anhand einer Karte erklärt,



dass das rot eingezeichnete Gebiet zu keinem Zeitpinkt von den Amerikanern eingenommen werden konnte, da die Vietnamesen hier ein Tunnelsystem mit einer Länge von über 200 Kilometern errichtet hatten, das zur Unterkunft für die Bewohner des Gebietes genutzt wurde.
In drei Etagen wurden alle zum Leben der Bevölkerung notwendigen Räume angelegt. Von Wohnräumen, über ein Lazarett bis hin zu Schulräumen wurde das Dorf unter die Erde verlegt.



In natura sieht das dann so aus:





Menschen mit nicht asiatischen Körpermaßen haben hier keinerlei Chance, reinzuschlüpfen und sich durch die Tunnel zu bewegen. Das haben die amerikanischen Soldaten wohl auch feststellen müssen. Um den Touristen zumindets das Gefühl des " Im - Tunnel - Lebens " zu vermitteln, wurden einige Tunnel vergrößert, so dass wir gebeugt und zum Teil auf den Knien rutschend durch ein paar Tunnel krabbeln konnten.





Wir waren heilfroh, nach ein paar Minuten wieder an der frischen Luft zu sein. Unvorstellbar, dort unten mehrere Monate bzw. Jahre verbringen zu müssen.
Im Gelände draußen



wurden uns dann einige der zwar im Gegensatz zu den Waffen der Amerikaner primitiven, aber wirkungsvollen Vorgehensweisen der Vietnamesen gezeigt. Hier nur ein Beispiel:
Diese Matte ist von Laub bedeckt im Dschungel nicht sichtbar.



Wer allerdings auf die Matte tritt, bringt die Falltür in Bewegung und wird den Fall auf die Bambusstäbe höchstwahrscheinlich nicht überleben.



Auch lernt man einen angeblich von Ho Chi Minh persönlich ausgedachten Trick kennen - die Ho Chi Minh - Sandale.



Diese aus den Reifen der amerikanischen Fahrzeuge hergestellten Schuhe kann man auch andersherum tragen, so dass der Gegner denkt, dass man in die entgegengesetzte Richtung gelaufen wäre und ihn so in die Irre führt.
Insgesamt ein sehr bewegender und mehr als nachdenklich stimmender Ort, aber es war gut, ihn gesehen und erlebt zu haben. Man erlebt wohl nur so hautnah ansatzweise, was die Menschen an Entbehrungen und Leid haben ertragen müssen.
Auch dieses Erleben gehört zu Vietnam und seinem Volk, das wir in Form von vielen jungen Leuten in einem Park kennenlernen durften. Morgens gegen 5:00 hatten wir schon gesehen, dass sich die ältere Generation dort zum Frühsport trifft.





Wir haben uns dann an einem Abend in einen Park gesetzt, um dem sportlichen Treiben der Jugend in Form von Badminton, Fußball und Joggen zuzusehen.



Es dauerte keine fünf Minuten, da waren wir von ca. 20 jungen Leuten umgeben, die sich mit uns unterhalten wollten, um zum einen Englisch zu sprechen und zum anderen, etwas über Europa zu erfahren. Wir haben stundenlang mit immer wechselnden Jugendlichen dort gesessen und uns für die nächsten Tage und Abende wieder verabredet. Auch tagsüber wird man immer wieder von überwiegend jungen Leuten angesprochen, so dass wir zum Beispiel auch Hauptdarsteller in einem Film über Ausländer in HCMC wurden. Da wir mit einigen von ihnen auch jetzt im email-Kontakt stehen, hoffen wir, den Film einmal sehen zu können. So ist die Zeit in HCMC rasend schnell vergangen und wir haben einen großen Teil davon in diesem Park verbracht - toll, wenn man einmal für solche Begegnungen so viel Zeit hat.
Ansonsten ist in Hoh Chi's Stadt abends natürlich auch das Programm Nachtmärkte, Wasserpuppentheater ... angesagt.







Auch das geht 2012 in HCMC -



der rote Monk als Dekostück - in Hanoi wohl - so die Meinung der jungen Fasthauptstädter - noch undenkbar. Nach den Verkehrsbildern aus Hanoi fragt sich, ob das hier auch so ist. Nein, schlimmer - hier muß jeder Einwohner gefühlt mindestens 2 Mopeds haben:





Es ist uns sehr schwer gefallen, aus Vietnam weg zu fahren - nicht nur wegen der abwechselungsreichen Natur, der touristisch noch nicht so erschlossenen Gebiete, sondern insbesondere wegen der Menschen, die uns von der offenen Art her sehr an Südamerika erinnert haben. Vietnam, wir kommen wieder!

PS:



Schon mal aufgefallen, dass die Winkekatzen mal die linke und mal die rechte Pfote heben? Warum? Kein Zufall - Linke Pfote für den Kunden und rechte Pfote für`s Geld - also ein sehr kundenfreundlicher Laden.